Best Practice

Netzwerk der TechnologietransfermanagerInnen nutzen

01.06.2021 - Kooperationsanfragen von Unternehmen können landesweit über das große Netzwerk der TechnologietransfermanagerInnen Baden-Württemberg an Hochschulen und wissenschaftliche Institute in ganz Baden-Württemberg verteilt werden. Beispielsweise speist im Bodenseeraum das Technologietransfermanagement der IHK Hochrhein-Bodensee regelmäßig Unternehmensanfrage in den Verteiler der Arbeitsgruppe Wissens- und Technologietransfer der Internationalen Bodensee Hochschule (IBH) ein. Über 20 Hochschulen im Umkreis, wie die Duale Hochschule BW Ravensburg (DHBW Ravensburg) greifen diese Produktentwicklungsanfragen bei Eignung auch gerne als reine Lehrprojekte auf. In diesem Fall entstehen für das beteiligte Unternehmen keinerlei Kosten und die erarbeiteten Lösungskonzepte können zur Umsetzung oder Absicherung der eigenen Produktidee verwertet werden. Für beide Seiten, die Hochschule und das Unternehmen ist das eine Win-Win-Situation: Studierende können eine realitätsnahe Entwicklungsaufgaben bearbeiten und Unternehmen können ihren Forschungs- und Entwicklungsbedarf zielgenau platzieren. Derzeit erarbeiten gut 70 angehende Maschinenbauer im Rahmen der Konstruktionslehre verschiedene Lösungskonzepte für eine Werkzeugentwicklung. Wir haben mit Prof. Dr.-Ing. Thorsten Sauer, Professor für Konstruktionslehre und Produktentwicklung der DHBW Ravensburg gesprochen.
Herr Prof. Dr. Sauer, was ist Ihre Motivation Entwicklungsanfragen aus der Wirtschaft zu bearbeiten?
Als Professor an der DHBW Ravensburg bin ich zuständig für die Konstruktionslehre der Maschinenbau-Studierenden im Bachelorstudium. Ein wesentlicher Bestandteil der Konstruktionslehre ist die Bearbeitung von Konstruktionsentwürfen durch die Studierenden. Dabei handelt es sich um größere Entwicklungsaufgaben, die möglichst praxisnah sind. Um die Praxisnähe zu gewährleisten, habe ich in der Vergangenheit immer wieder mit Unternehmen zusammengearbeitet, die mir Ideen für Aufgabenstellung oder sogar ganze Entwicklungsaufgaben zur Bearbeitung gegeben haben.
Wie wurden Sie auf das aktuelle Kooperationsprojekt aufmerksam?
Am 25. März diesen Jahres erhielt ich die Unternehmensanfrage über den Verteiler der IBH-AG Wissens- und Technologietransfer. Das Projekt wurde dort von Johannes Dilpert, Technologietransfermanager der IHK Hochrhein-Bodensee eingetragen. Es ging um Unterstützung bei der Entwicklung eines Werkzeuges, das beim Radwechsel von Kraftfahrzeugen zum Einsatz kommt. Die Anfrage erschien geeignet, von meinen Studierenden als Konstruktionsentwurf bearbeitet zu werden. Daher habe ich zum Unternehmen Kontakt aufgenommen.
Wie ging es dann weiter?
Es zeigte sich, dass die Entwicklung noch in einem sehr frühen Stadium war und das vorliegende Konzept abgesichert werden sollte. Darüber hinaus sollte eine Machbarkeitsanalyse durchgeführt werden. Diese Aufgabenstellung passte sehr gut in das aktuelle Sommersemester meiner Studierenden, ein Lösungskonzept systematisch zu bearbeiten.
Best Practice DHBW Ravensburg_Zvjezdan Andric
Bild: Das Bild zeigt die Produktidee des Reifenhebels und den Erfinder und Ideengeber Zvjezdan Andric, Ausgangspunkt für die Kooperation mit der DHBW Ravensburg.
Können Sie die Produktidee, die es im Rahmen der Konstruktionslehre im aktuellen Semester zu bearbeiten gilt, näher erläutern?
Bei der Produktidee handelt es sich um einen sogenannten Reifenhebel, ein Werkzeug mit dem KFZ-Räder gehandhabt werden können. Konkret geht es darum, Personen, die im Frühling oder Herbst selbstständig die Räder ihres Fahrzeugs wechseln, dabei zu unterstützen, diese vom Lager, meist dem eigenen Keller, zum Fahrzeug zu transportieren. Kernidee ist dabei, dass das Werkzeug eine „Trolley“-Funktion ermöglicht. Das heißt, der Reifen kann gezogen, geschoben oder gegebenenfalls ähnlich einem Reisekoffer getragen werden.
Wie sieht nun konkret die Umsetzung mit den Studentinnen und Studenten aus?
Die aktuell etwa 70 Studierenden erarbeiten in 4er bis 6er Teams mit Methoden der Produktentwicklung systematisch die Produktkonzepte zur Umsetzung der Kernidee. Sie gehen sehr motiviert an diese Aufgabenstellung heran, da es sich um eine reale Entwicklungssituation handelt. In der Regel entstehen dadurch auch sehr kreative und vielfältige Konzepte. Im Sommer sollten die Konzepte fertig sein und werden dem Unternehmen vorgestellt.
Herr Prof. Dr. Sauer, Sie beschreiben sehr schön, wie Ihre Studentinnen und Studenten von diesen konkreten Entwicklungsaufgaben profitieren, welchen Nutzen haben Unternehmen von dieser Art von Kooperation?
Wenn das Projekt, wie in diesem Fall als reines Lehrprojekt läuft, müssen erst einmal keine Fördergelder beantragt werden. Das Projekt kann zeitnah starten und alle im Rahmen einer Lehrveranstaltung erarbeiten Entwicklungslösungen stehen dem Unternehmen oder Ideengeber kostenlos zur Verfügung. Herr Andric kann alle Konzepte zur Absicherung der eigenen Lösungsidee heranziehen. Möglicherweise entstehen dadurch auch Produkterweiterungen, die so frühzeitig integriert werden können. Allgemein ist das Angebot des Technologietransfermanagement der IHK Hochrhein-Bodensee für junge kreative Köpfe, wie Herrn Andric und auch für uns als Hochschule sehr hilfreich. Insbesondere wenn eine Produktidee noch am Anfang steht, profitieren die Unternehmen von der Beratung der IHK zu Schutzrechten und Fördermitteln.
Gibt es schon Pläne für die Weiterführung der Kooperation?
Im Sommer entscheiden wir gemeinsam mit Herrn Andric, ob wir die Zusammenarbeit fortführen.
Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Sauer für die interessanten Einblicke, wie  Entwicklungsanfragen aus der Wirtschaft in den Lehrbetrieb der Hochschule integriert werden und dadurch für beide Seiten eine Win-Win-Situation geschaffen wird. Wir wünschen Ihnen und Ihren Studentinnen und Studenten für die aktuelle Entwicklungsaufgabe erfolgreiche und innovative Konzepte, die bei Ihrem Kooperationspartner auf Anklang stoßen.
Kontakt
Technologietransfer der IHK Hochrhein-Bodensee
Johannes Dilpert, Technologietransfermanager
Marketing und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Ulrike Bolz
Projektmanagerin Baden-Württembergischer Technologietransfer
IHK Reutlingen