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Autonome Produktion - Volles Programm

01.02.2022 – Vom Ladenhüter zum buchstäblichen Selbstläufer: Spätestens seit der Pandemie boomen autonome Industrieroboter. Jungunternehmer Yudhistir Gauli hat davon auch den hiesigen Mittelstand überzeugt. Lesen Sie weiter, wie das Technologietransferangebot der IHK Reutlingen zu den entscheidenen Impulsen beitrug.
Lange galten autonome Industrieroboter als Hoffnungsträger für Industrie 4.0. Doch der breite Durchbruch blieb aus, besonders Mittelständler taten sich damit schwer. Das hat sich geändert. Selbstlernende mobile Systeme sind wegen Kurzarbeit und einer sich wandelnden Produktionsstruktur gefragt wie nie, mancherorts hielten sie gar die Produktion aufrecht. „Es läuft super. Wir können die Aufträge gar nicht alle bedienen. Dabei machen wir überhaupt kein Marketing“, sagt Yudhistir Gauli. Sein Unternehmen ARRTSM stellt seit fünf Jahren CNC-Roboter her. 2021 hat man den Umsatz verdreifacht. Ohne den Chipmangel und die Lieferengpässe, meint der Firmenchef, wäre es vermutlich noch besser gelaufen.
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Bild: Alleskönner: ARRTSM-Firmenchef Yudhistir Gauli und seine autonomen Industrieroboter made in Schönbuch. Foto: PR
Skepsis im Mittelstand
Für seine Innovation musste Gauli allerdings zuerst harte Überzeugungsarbeit leisten. Die Wende, so sagt er selbst, kam mit einem WNA-Bericht vor drei Jahren – entstanden nach einem Firmenbesuch  von IHK-Technologietransfermanager Dr. Tobias Adamczyk vom IHK-IWW.  „Der Kunde kam mit dem Magazin zu uns und wollte sehen, was wir hier machen.“ Längst hat sich die Skepsis im Mittelstand gelegt. Die Kunden kommen unter anderem aus der Holz-, Stein-, Metall- und Kunststoffbranche. Gerade hat man die ersten CNC-Roboter für den US-amerikanischen, chinesischen und japanischen Markt zusammengestellt. Die Roboter haben gegenüber CNC-Maschinen oder herkömmlichen Industrierobotern einen entscheidenden Vorteil: Sie sind erstaunlich flexibel und lernfähig. Fräsen, Polieren, Schweißen oder in 3D drucken – die Skills sind vielseitig und ständig erweiterbar. Ab Losgröße 1 ist eine komplett autonome Produktion möglich. Auch in der Präzision können sie es mit jeder CNC-Maschine aufnehmen. Das spart Kosten, verbessert die Lieferzeiten sowie die Qualitätskontrolle.
Der Region verbunden
Hergestellt werden die Roboter von ARRTSM in Weil im Schönbuch, in Dettenhausen ist der Firmensitz. Der gebürtige Nepalese Gauli beschäftigt insgesamt 36 Mitarbeiter, davon die Hälfte hier vor Ort. Weitere Programmierer arbeiten on remote im Ausland und in einer asiatischen Niederlassung. Eigentlich sei man zu fünf Prozent Anlagenbauer und zu 95 Prozent ein Softwarehaus, das aber Steuerung und Kinematik kann. „Software oder Hardware, das ist heute gar nicht mehr die Frage. Man muss beides beherrschen.“ Der Region fühlt sich Gauli ansonsten sehr verbunden, er will, so sagt er, dass die Technologie hierbleibt. Mit dem  Fraunhofer-IPA, dem KIT Karlsruhe und der Technischen Universität Stuttgart forscht man konstant daran, das System weiterzuentwickeln und zu verbessern. Eine Anfrage beim Cyber Valley verlor sich, laut Gauli, im bürokratischen Kleinklein. „Schade. Eine verpasste Chance." Und damit meint er nicht sich selbst. Tatsächlich schade wäre es, wenn er Recht behielte.
Kontakt
Dr. Tobias Adamczyk
Technologietransfermanagerin der IHK Reutlingen
Dr. Ulrike Bolz (Marketing und Öffentlichkeitsarbeit)
Projektmanagerin Baden-Württembergischer Technologietransfer
IHK Reutlingen